Kategorie VdK-Zeitung Tipp

Kostenlose Hotline: „Silbernetz“ hilft Menschen raus aus der Einsamkeit

Von: Tobias Zaplata

Den Partner verloren, die Kinder wohnen in einer anderen Stadt oder die Freunde sind längst verstorben – es gibt zahlreiche Gründe, warum sich Menschen einsam fühlen. Betroffen sind vor allem Ältere. Für diesen Personenkreis hat VdK-Mitglied Sophia Nagelschmidt das Projekt „Silbernetz – einfach mal reden“ für Nordrhein-Westfalen aufgebaut.

Sophia Nagelschmidt hält einen Flyer für das Projekt „Silbernetz gegen Einsamkeit im Alter in NRW" in die Kamera..
Sophia Nagelschmidt, eine engagierte Geronto-Psychologin, leitet mit viel Herz das Projekt „Silbernetz“ gegen Einsamkeit im Alter in NRW.

Sophia Nagelschmidt stammt gebürtig aus Bad Oeynhausen und ist klinische Geronto-Psychologin. Anfang Februar hört sie im Radio einen Beitrag zum Thema Einsamkeit im Alter. In der WDR 5-Redezeit wird Elke Schilling interviewt und berichtet dort von ihrer Gründung der Initiative „Silbernetz“ für ganz Deutschland. Per E-Mail nimmt sie anschließend Kontakt zu Elke Schilling auf. 

Die beiden verstehen sich auf Anhieb und entwickeln neue Ideen. Wenige Wochen später leitet Sophia Nagelschmidt, die zuvor im wissenschaftlichen Bereich an einer Hochschule tätig war, diese Initiative für Nordrhein-Westfalen. Der Hintergrund: Aus unserem Bundesland kommen die meisten Anrufe, 1.500 sind es pro Monat. „Silbernetz“ ist Teil der Einsamkeitsstrategie NRW und wird gefördert vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

Einmal pro Tag für 20 Minuten

„Einmal pro Tag können einsame Menschen ab 60 Jahren für 20 Minuten mit unseren ehren- und hauptamtlichen Telefonistinnen und Telefonisten sprechen. Wir bieten ein Ohr - anonym, vertraulich und kostenlos“, sagt Sophia Nagelschmidt. Gerade zu Beginn nehme sie bei den Betroffenen eine eher kratzige Stimme wahr: „Man muss die Leute erst einmal zum Plaudern animieren. 

Manchmal erfahren wir aber auch direkt harte Schicksale. Letztens hat eine Dame berichtet, sie habe seit drei Wochen mit niemandem gesprochen und das Haus nicht verlassen. Viele haben Angst vor einem neuen Krieg in Deutschland oder schämen sich, weil sie viele Dinge einfach nicht mehr so machen können wie früher.“ Darüber hinaus sei Pflege ein zentrales Thema. Laut einer Statistik fühlen sich 35 Prozent der Menschen, die in einem Pflegeheim leben, einsam.

Sofern am Ende eines Telefonats weiterer Handlungsbedarf gesehen wird, etwa bei suizidalen Gedanken einer Person, werden Kontaktdaten zu anderen Initiativen oder Organisationen vermittelt. Oder es geht ins Positive und es entstehen richtige „Silbernetz“-Freundschaften unter den Anrufenden. „Grundsätzlich wird unser Team im Vorfeld mittels verschiedener Gesprächstechniken geschult und auf sämtliche Situationen vorbereitet“, sagt Sophia Nagelschmidt.

Jeder Tag ist anders

Was soziale Isolation bedeutet, kann sie selbst gut nachvollziehen. Sie leidet an dem Ehlers-Danlos-Syndrom - einer seltenen, genetisch bedingten Erkrankung des Bindegewebes. Schmerzen, Fieberschübe, Erschöpfung, Gehunfähigkeit und Lähmungserscheinungen sowie zahlreiche Arztbesuche und Reha-Maßnahmen diktieren ihren Alltag. 

„Jeder Tag ist anders. Mal brauche ich nur einen Stock, mal einen Rollstuhl. Ich stelle mir immer wieder die Frage: Was schaffe ich, was schaffe ich nicht“, erzählt die Wahl-Kölnerin. Im Vorstand des Bundesverbands Ehlers-Danlos arbeitet sie zehn Stunden in der Woche ehrenamtlich mit, um einen lebendigen Austausch mit anderen Betroffenen zu fördern.

Zum Schluss verrät Sophia Nagelschmidt ihre „Silbernetz“-Pläne: „Wir möchten unser Angebot weiter ausbauen und uns noch intensiver vernetzen. Denn Einsamkeit wird gerade in Bezug auf eine immer älter werdende Gesellschaft eine große Rolle spielen. Wir dürfen diese Menschen nicht alleine lassen!“ 

Die Silbernetz-Hotline

(täglich von 8-22 Uhr)
Telefon: 0800 4 70 80 90

Externer Link:https://silbernetz.org