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Hilfsmittel werden oft zu Unrecht abgelehnt

Kritik an GKVkurz fürGesetzliche Krankenversicherung und Medizinischem Dienst – Rechtsprechung wird ignoriert – Sozialverband VdK NRW hat Rechtsgutachten erstellen lassen

Ein Mensch mit Behinderung benötigt dringend einen Mini-Motor als Zusatzantrieb für einen Rollstuhl, um sich den Nahbereich für Alltagsgeschäfte und Wege zur ärztlichen Versorgung besser erschließen zu können. Doch die Krankenkasse lehnt ab und beruft sich auf die Aktenlage. „Dieser Fall ist leider kein Einzelfall. Streitigkeiten um die Gewährung von Hilfsmitteln nehmen immer mehr zu. Das wissen wir aus unseren 125.000 Sprechstunden-Kontakten pro Jahr“, sagt Thomas Zander, Geschäftsführer des Sozialverbands VdK NRW.

Es entsteht aus Sicht des VdK zunehmend der Eindruck, dass weder die gesetzliche Krankenversicherung (GKVkurz fürGesetzliche Krankenversicherung) als Reha-Träger noch der Medizinische Dienst (MDkurz fürMedizinischer Dienst) im Rahmen der Begutachtung die seit 2018 geltende, neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts angemessen berücksichtigen. Danach sollen mit einem Hilfsmittel auch die mit einer medizinisch häufig schon austherapierten Funktionsbeeinträchtigung verbundenen Teilhabestörungen kompensiert werden.

Auch Günter Garbrecht, Ombudsperson des Medizinischen Dienstes Westfalen-Lippe, bestätigt diese Ermessensfehler: „Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bildet sich hier noch nicht ab. Kosten hin oder her – hier muss besser abgewogen werden.“ Unter der Verletzung von Verfahrenspflichten würden am Ende die Menschen leiden, die für die Teilhabe dringend ein Hilfsmittel benötigen, um im Alltag selbstständig mobil sein zu können.

Der Sozialverband VdK NRW beobachtet den Ärger um die Hilfsmittel seit Jahren und hat deshalb durch Prof. Dr. Harry Fuchs von der Hochschule Düsseldorf und René Dittmann von der Uni Kassel ein Rechtsgutachten erstellen lassen. „Aus unserer Sicht müssen die Begutachtungsrichtlinien zur medizinischen Rehabilitation dringend an die neue Rechtsprechung angepasst werden. Dazu gibt das Gutachten detaillierte Hinweise“, betont Prof. Dr. Harry Fuchs. Es komme nicht allein auf die Verordnung des behandelnden Arztes an, sondern die Krankenkassen hätten die Pflicht zur umfassenden Bedarfsermittlung.

„Uns als VdK ist es ein Anliegen, für eine einheitliche Rechtsanwendung zu sorgen und damit allen Menschen zu helfen, die auf Hilfsmittel angewiesen sind“, unterstreicht VdK-Geschäftsführer Thomas Zander.

Der Sozialverband VdK NRW hat das Rechtsgutachten der Fachwelt, Instituten, Medizinischen Diensten und dem zuständigen NRW-Gesundheitsministerium zukommen lassen.

verantwortlich: Tobias Zaplata


Der Sozialverband VdK ist mit 2,2 Millionen Mitgliedern der größte Sozialverband Deutschlands. Im Sozialverband VdK NRW sind mehr als 400.000 Mitglieder organisiert, die in 43 Kreisgeschäftsstellen und sieben Rechtsabteilungen in sozialrechtlichen Fragen beraten und vertreten werden. Der Sozialverband VdK setzt sich ein für die Rechte von Rentnern, Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten, Sozialversicherten, Pflegebedürftigen, Kriegs-, Wehrdienst- und Zivildienstopfern, Hinterbliebenen, Empfängern von Bürgergeld sowie Opfern von Unfällen, Gewalt und Umweltschäden.