"Wir wollen das Gesicht des Sozialen sein“ - VdK-Veranstaltung nimmt Zukunft des Sozialstaats in den Fokus
Ganz im Zeichen des Sozialstaats stand die Abschlussveranstaltung des Landesverbandstags am 4. Juli in der Stadthalle Neuss. Moderatorin Catherine Vogel, bekannt aus dem WDR-Fernsehen, läutete die Veranstaltung vor 350 geladenen Gästen auch gleich passend ein:
„In der sozialen Gerechtigkeit steckt viel Sprengstoff.“
Als frisch gewählter Präsident des VdK NRW, unterstrich Horst Vöge in seiner Eröffnungsrede die Erfolge des Sozialverbands. So habe man in den vergangenen fünf Jahren 180 Millionen Euro an Nachzahlungen für die Mitglieder erstritten. Auch der Mitgliederboom halte an – der Weg zur Marke von 500.000 (aktuell 415.000) sei nicht unrealistisch. „Aber wir lehnen uns nicht zurück, sondern müssen in die Zukunft blicken. Wenn wir uns nicht verändern, werden wir von außen verändert“, gab Horst Vöge die Richtung vor.
„Die Menschen erleben den Sozialstaat in einer Warteschleife. Es gibt kaum mehr persönliche Kontakte zu Behörden, Krankenversicherungen oder zur Deutschen Rentenversicherung – stattdessen nur telefonische Warteschleifen. Wir als VdK wollen das Gesicht des Sozialen sein, für die Belange der Bürgerinnen und Bürger“, sagte der VdK-Präsident.
Mehr Teilhabe in der Gesellschaft forderte die Bürgermeisterin der Stadt Neuss, Susanne Benary: „So haben Menschen, die nicht lesen und schreiben können, zum Teil keine Chance auf einen Termin im Bürgeramt, weil vieles nur noch digital möglich ist. Diese Menschen geben dann oft auf und vereinsamen. Da müssen wir mehr tun.“
Minister zu Gast
Unter der Überschrift „Soziale Sicherung in der Bewährungsprobe“ stellte Hauptredner Karl-Josef Laumann, NRW-Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, die sozialpolitischen Leitlinien der Landesregierung vor. Einer der Schwerpunkte für ihn sei die bevorstehende Krankenhausreform. „Wir befinden uns mit diesem einzigartigen Projekt auf der Zielgeraden. Die Strukturveränderungen in unseren 310 Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen sind alternativlos. Wir werden am Ende ein Plus an medizinischer Qualität bekommen“, sagte Karl-Josef Laumann und versprach: „Bis Weihnachten weiß jedes Krankenhaus, wie es weitergeht.“
Im Bereich Pflege wehrte sich der Minister gegen massive Kritik: „Keine Frage, hier gibt es noch sehr viel zu tun. Aber wir haben in NRW auch schon etliches erreicht. In den vergangenen vier Jahren haben wir 350 Millionen Euro in die Modernisierung der Pflegeschulen gesteckt.“ Der Pflegeberuf sei attraktiver geworden, betonte Karl-Josef Laumann. In der Pflicht sieht er auch den Bund: „In Berlin sollten sich um die Pflegeversicherung kümmern, denn dafür sind sie zuständig.“
Bei allen sozialpolitischen Problemen schätze er die Zusammenarbeit mit dem VdK. „Ihre Arbeit im Sozialbereich ist systemrelevant. Ihr Verband ist kompetent, lösungsorientiert und nicht ideologisch, mit dem Puls an der Wirklichkeit. Sie helfen den Menschen durch den Sozialstaat.“
Neben der Vorstellung des neuen hauptamtlichen VdK-Vorstands (siehe Seite 13) wurde der Vormittag mit einer Diskussionsrunde zum Thema „Zeitenwende – Zukunft des Sozialstaats“ abgerundet. Auf dem Podium saßen Dr. Jutta Schmitz-Kießler (Institut Arbeit und Qualifikation Duisburg), Johannes Pöttering (Geschäftsführer unternehmer.nrw) und Robert Walter (Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschusses VdK NRW), welcher für die erkrankte Präsidentin des VdK Deutschland, Verena Bentele, kurzfristig eingesprungen war. Zur Stabilisierung des Sozialstaats bekräftigte Robert Walter eine jahrelange Forderung des VdK, wonach die gesetzliche Rentenversicherung in eine Bürgerversicherung umgewandelt werden müsse, in welche alle Erwerbstätigen einzahlen. Nur so ließen sich auf Dauer die gesetzliche Rentenversicherung stabilisieren und die soziale Spaltung im Land stoppen.
Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung durch das Saxophon-Quartett des Landespolizei-Orchesters NRW.