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„Ich funktioniere nur noch“: Petra Steinbusch pflegt ihre Tochter Ramona mit Down-Syndrom

Von: Tobias Zaplata

Hingebungsvoll kümmert sich Petra Steinbusch (60) rund um die Uhr um ihre Tochter Ramona (31), die seit ihrer Geburt mit Trisomie 21 lebt – auch bekannt als Down-Syndrom. Es war und bleibt eine Reise voller Herausforderungen. In der VdK-Zeitung spricht die pflegende Angehörige aus Jülich über ihre unzähligen Stolpersteine im Alltag und über unerfüllte Wünsche.

Zwei Frauen stehen auf einem Parkweg. Die Frau links trägt eine rote Jacke, braune Hose und schwarze Schuhe. Die Frau rechts trägt eine schwarze Jacke, rote Hose und graue Stiefeletten. Beide zeigen mit einer Hand den Daumen nach oben und lächeln. Im Hintergrund herbstlich gefärbte Bäume mit gelb-grünem Laub.
Regelmäßig geht Petra Steinbusch (rechts) mit ihrer Tochter Ramona spazieren, um ein Fortschreiten der Arthrose zu minimieren.

Wenn Petra Steinbusch in den Medien Menschen mit Down-Syndrom sieht, freut sie sich über das mediale Interesse und dass auf ihre Stärken und Begabungen aufmerksam gemacht wird. Doch sie sieht eine Kehrseite der Medaille, denn jede Behinderung hat eine unterschiedliche Ausprägung:

 „Beim Down-Syndrom ist die Spannbreite der geistigen Behinderung sehr groß und individuell. Irrtümlich wird leider oft der Vergleich gezogen mit den ‘fitten‘ Personen mit Down Syndrom aus dem Fernsehen. Dadurch entstehen von außen schnell Vorwürfe, man habe sein Kind nicht genug gefördert.“ 

Petra Steinbusch musste diese negative Erfahrung durchleben. Und das, obwohl sie ihre Tochter immer gefördert hat. Bis zum Schulbeginn wurde Ramona ergotherapeutisch behandelt. Noch heute erhält sie Logopädie. Aber Fakt ist: Die geistige Behinderung der Tochter zeigt Grenzen auf.

Es geht nicht ohne Unterstützung

Ramona kann sich nicht selbst versorgen, sie benötigt Hilfe in jeder Alltagssituation – Körperpflege, Anziehen oder Medikamente einnehmen. Zudem muss sie beaufsichtigt werden, wenn ihre Mutter einige Dinge erledigen muss. Häufig nimmt Petra Steinbusch ihre Tochter mit, zum Beispiel ins Tanzlokal. Ramonas Freund Lars ist dann auch dabei. Die Beziehung hält schon seit fünf Jahren, Lars hat ebenfalls das Down-Syndrom.

Unter der Woche ist Ramona in einer Behindertenwerkstatt beschäftigt. Petra Steinbusch arbeitet in der Zwischenzeit als Putzhilfe. Pünktlich um 16 Uhr muss sie aber wieder zu Hause sein. Ramona kommt dann wieder. Durch diese festgelegten Abläufe kann Petra Steinbusch ihren gelernten Beruf als Verkäuferin nicht mehr ausüben. Sie muss flexibel bleiben. Schließlich stehen weitere Termine zur Lymphdrainage, Krankengymnastik oder zum Spazierengehen an, denn Ramona leidet unter Arthrose in beiden Kniegelenken.

Es gibt zu wenig Kurzzeitpflegeplätze

„Ich sehe keine Entlastung, bin kraftlos und funktioniere nur noch“, sagt Petra Steinbusch. Es gebe zu wenig Kurzzeitpflegeplätze. Außerdem kenne sich das Personal oft nicht ausreichend mit der Behinderung aus. Und Entlastung durch Alltagsbegleiter wären eine finanzielle Herausforderung, weil die Stundenlöhne der Anbieter viel zu hoch seien. 

Dies könne durch die zusätzliche Betreuungsleistung der Krankenkasse von 125 Euro im Monat nicht abgedeckt werden. Mit Blick auf ihren 61. Geburtstag macht sich Petra Steinbusch Sorgen, denn die tägliche Belastung zehrt an ihren Kräften.

Ehrenamtlich engagiert bis ans Limit

Doch es war mal anders. Petra Steinbusch war voller Tatendrang, gründete 2008 den Jülicher Verein „Aktion Lebensfreude“ und wurde für ihren Einsatz für Menschen mit Handicap in Bezug auf die UN-Behindertenrechtskonvention sogar durch die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einem Preis ausgezeichnet – auch der Kreis Düren würdigte ihr ehrenamtliches Engagement.

 Zudem war sie Vorsitzende des VdK Jülich, wirkte im Arbeitskreis Inklusion der Stadt Jülich mit und verfolgte das Ziel, Behindertenbeauftragte der Bundesregierung zu werden. Es war zu viel. Petra Steinbusch erlitt einen Burn-out. Die Ehe scheiterte. Plötzlich hatte sie niemanden mehr, der ihr den Rücken freihielt. Auch die Ämter und den Verein musste sie aufgeben.

Wünsche für die Zukunft

Seither befindet sie sich in der Dauerschleife Pflege. Die Chance auf eine neue Partnerschaft ist derzeit eher gering. Für Ramona wünscht sich Petra Steinbusch nun einen Wohnheimplatz, doch nicht alle Gebäude sind auf ihre Bedürfnisse und Einschränkungen ausgerichtet. 

Außerdem muss die Unterkunft im Umkreis liegen. Ansonsten müsste Ramona in eine andere Behindertenwerkstatt wechseln. Aber das würde sie nicht verstehen. Wie schöpft Petra Steinbusch bei all dem überhaupt noch Kraft? Das Lächeln ihrer Ramona spendet ihr Trost, Freude und Wärme.

Hinweis: In der kommenden Ausgabe berichtet Petra Steinbusch über die Probleme bei Arztbesuchen und über ihren gescheiterten Versuch, eine Sterilisation für ihre Tochter zu beantragen.

Wissen, was zählt: Pflege leicht gemacht: Pflegeversicherung

Unsere Referentin für Sozialpolitik, Vanessa Rengers-Patz erklärt den Begriff Pflegebegutachtung.

Die Pflegeversicherung bietet eine Vielzahl von Leistungen, die pflegende Angehörige entlasten und die Pflege zu Hause erleichtern. Dazu gehören finanzielle Hilfen, praktische Unterstützungsangebote und auch Schulungen, die eine bessere Organisation der Pflege ermöglichen. Eine der wichtigsten Leistungen sind Pflegehilfsmittel. Diese beinhalten Geräte wie spezielle Pflegebetten, Rollatoren oder Inkontinenzmaterial, die den Pflegebedürftigen im Alltag unterstützen.

Die Pflegeversicherung übernimmt die Kosten für diese Hilfsmittel bis zu einem bestimmten monatlichen Betrag und entlastet so pflegende Angehörige finanziell. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Entlastungsbetrag. Dieser unterstützt pflegende Angehörige bei der Nutzung von Kurzzeitpflege, Tagespflege oder haushaltsnahen Dienstleistungen. Für erwerbstätige pflegende Angehörige gibt es zudem die Möglichkeit, Pflegezeit oder Familienpflegezeit zu nehmen.

Diese Regelungen ermöglichen es, die Arbeitszeit zu reduzieren oder ganz auszusetzen, um sich intensiv der Pflege zu widmen. Je nach Art und Umfang der Auszeit, gibt es unterschiedliche Regelungen hinsichtlich der finanziellen Unterstützungsleistung. Neben finanziellen und praktischen Hilfen können pflegende Angehörige auch von Beratungs- und Schulungsangeboten profitieren. Die Pflegekassen bieten kostenlose Schulungen an, in denen pflegende Angehörige lernen, wie sie die Pflege besser organisieren, welche Hilfsmittel sinnvoll sind und wie sie mit besonderen Herausforderungen im Pflegealltag umgehen. Diese Angebote sind eine wertvolle Unterstützung, um die Pflege effizienter und mit weniger Stress zu gestalten.

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