Kategorie Ortsverband Gevelsberg

Auf den Spuren der heimischen Vergangenheit

Gemeinsam mit der Frauenbeauftragten vom VdK Gevelsberg, Elke Brüninghaus (links), begaben sich einige Mitgliederinnen auf einen historische Reise zurück in die Vergangenheit, bei der ihnen Jürgen Taake manch interessante Dinge über den in Gevelsberg ermordeten Kölner Erzbischof und Reichsverweser Engelbert, Graf von Berg, erzählte.
Gemeinsam mit der Frauenbeauftragten vom VdK Gevelsberg, Elke Brüninghaus (links), begaben sich einige Mitgliederinnen auf einen historische Reise zurück in die Vergangenheit, bei der ihnen Jürgen Taake manch interessante Dinge über den in Gevelsberg ermordeten Kölner Erzbischof und Reichsverweser Engelbert, Graf von Berg, erzählte. © André Sicks

Am 27. Juli begaben sich einige Mitgliederinnen vom VdK Gevelsberg, gemeinsam mit der Frauenbeauftragten Elke Brüninghaus, auf die Spuren jenes Mannes, dessen Ermordung die Stadt Gevelsberg über ihre Grenzen hinweg bekannt machte. Gemeinsam mit weiteren Teilnehmenden (das Büro für Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing der Stadt Gevelsberg organisiert einmal im Monat solch eine Historische Dorfführung) ließen sich die VdK-Damen, unter der Leitung des Journalisten und Kabarettisten Jürgen Taake, in die Welt des Mittelalters entführen. Eine Reise zurück in die Vergangenheit, die in erster Linie mit einem Namen verbunden war: Engelbert, Graf von Berg, Kölner Erzbischof und Reichsverweser. Sein Leben, das am 7. November 1225 auf dem Hohlweg am „Gievilberch" brutal endete, gilt als Ursprung für die Gründung der Stadt Gevelsberg. Es war eine Art Spurensuche; ein Spaziergang in die Geschichte mit „adliger Begleitung“ – wie sich schon bald zeigen sollte.
Ausgangspunkt der Tour war die Kirmesmauer an der Ecke Winkelstraße / Lindengrabenstraße. Dort sind neben den Emblemen ehemaliger Zepterträger (unter ihnen „Kapitän Ingenol“ (Günter Gedat) und Franz Holtsteger alias „Tante Anna“) auch noch eine Spitzhacke zur Erinnerung an die Fuhrleute, ein Symbol für den Hammerschmied sowie ein Hippenkopf angebracht sind. Mit Blick in dessen Richtung verriet Jürgen Taake, dass die Bezeichnung Hippendorf für die Ansiedlung rund um das alte Stift, nicht etwa von der Ziege abstamme. „Hippe ist auch die Bezeichnung für den Griff einer Sense.“ Und eben solche hätten mehrere Firmen im alten Dorf hergestellt. Kurze Zeit später machten die VdK-Damen dann erstmalig Bekanntschaft mit Engelbert. Vor dem Haus Nummer 3 auf der Lindengrabenstraße, erzählte Taake die Geschichte des einstigen weltlichen und kirchlichen Führers im deutschen Reich. An dieser Stelle, so sagte er, wäre jener Hohlweg verlaufen, der Engelbert vor 799 Jahren zum Verhängnis wurde. „Den eigentlichen Verlauf kann man von anderen Seite aus sogar noch sehen.“ Hier hätten die Truppen seines Vetters Friedrich von Isenberg den Vormund des Kaisersohns letztlich auf seinem Weg nach Schwelm in den Abendstunden des 7. Novembers 1225 abgefangen und erschlagen. „Sein Tod war keinesfalls einkalkuliert“ berichtete Taake und hätte in der damaligen brutalen Zeit für wenig Furore gesorgt, wäre Engelbert nicht der mächtigste Mann im Land gewesen – Kanzler des Deutschen Reichs, Erzbischof von Köln, Graf von Berg und nicht zuletzt Herzog von Westfalen.
Am, von Stadtbaurat Richard Niemeyer entworfenen, Engelbert-Denkmal traf die Gruppe auf zwei „Zeitzeugen“: einen von Uwe Schumacher verkörperten adeligen Ritter sowie einen Pestarzt, in dessen Rolle Judith Bruszies geschlüpft war. Ihre Kleidung bestand aus einem als Schutzanzug dienenden gewachsten Stoffmantel, einer Schnabelmaske mit zwei Augenöffnungen aus Glas, Handschuhen und einem Stab. So konnte der direkte Kontakt zu den Infizierten vermieden werden. „Der Schnabel der Maske war gefüllt mit Duftstoffen wie Wacholder, Amber, Zitronenmelisse, Grüner Minze, Kampfer, Gewürznelken, Myrrhe, Rosen oder Styrax. Man glaubte, dies würde vor der Pest schützen“, berichtete Schumacher. Manch Teilnehmerin kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Vor allem weil sich im alten Dorf auch noch eine stattliche Anzahl an schönen, teilweise unter Denkmalschutz stehenden Häuser entdecken ließen. Beispielsweise das Haus Elberfelder Straße 41, das um 1780 von der Familie Schüren gebaut und als Gaststätte (Stiftsgasthof) betrieben wurde. Später verkaufte man es an die Familie Saure, die nach Erhalt der Brennrechte im Jahre 1888 die Brennerei Elberfelder Straße 39 errichtete. Das denkmalgeschützte Schmuckstück alter Industriearchitektur, welches durch den Verschönerungsverein Gevelsberg mit großem Respekt umgebaut wurde, präsentierte sich den „Spaziergängerinnen“ als ein stilvoller Ort mit Wohlfühlatmosphäre.
Auf den Treppenstufen im Inneren inszenierten Uwe Schuhmacher und Judith Bruszies eine weitere schauspielerische Einlage. Das Duo tauchte mit seinen Zuhörern ins 17. Jahrhundert ein, zu Zeiten des Holländischen Krieges. Sie lasen einen historischen Eintrag aus dem Gevelsberger Kirchenbuch vom 26. April 1673 vor, in dem vermerkt war, dass das Kind von Melchior Jellinghaus aus Voerde an der Roten Ruhr, einer zur damaligen Zeit fast immer tödlich endende Infektionskrankheit, gestorben sei und in Gevelsberg beerdigt wurde.
Es war, so sagte Elke Brüninghaus abschließend, ein Spaziergang, der „uns alle in den Bann gezogen hat“. Allein nur zu erfahren, das um 1230 an Engelberts Todesstelle ein Sühnekloster errichtet wurde, welches sich nach der Reformation (1577) in ein freiweltliches adeliges Damenstift umgewandelt und die Entstehung einer Ansiedlung, die bis zum Ersten Weltkrieg eine eigene Infrastruktur aufwies, beeindruckte. Für rund 90 Minuten wurde Vergangenes noch einmal
lebendig. 

André Sicks